Die Zahn-OP vom 17.04.2023 (5 FORL Zähne und 1 Fangzahn mit Beckenschaden wurden entfernt) ist jetzt gut eine Woche her. Miezi ist seit Tagen schon wieder voll fit und frisst normal und gut. Aber es zeigen sich wieder die gleichen Muster, so wie heute dann wieder und zwar ein hoher PRE mit >400. Das Grundproblem (im allgemeinen) ist der extreme U-Verlauf der BZ-Werte („Achterbahn“) und der Nadir kommt regelmäßig zu tief (<40), wenn man „zu viel“ Insulin spritzt.
Ich hatte mich vor der Zahn-OP Anfang April noch mal ausführlich eingelesen in die Problematik der Katzen-Diabetes. Insbesondere das englische Kapitel „The Deabetic Cat: Insulin Resistence and Brittle Diabetes“ von Stijn Niessen war sehr aufschlussreich dabei. „Brittle Diabetes“ war mir bisher kein Begriff, ist aber hier im Forum und auf der Webseite sehr rar zu finden.
Erst mal sind alle Grunderkrankungen auszuschließen, die die Diabetes verursachen könnten. Das ist bei Miezi eigentlich so weit geschehen. Ich kann da nochmal ein anderes Mal etwas detaillierter darauf eingehen. Die FORL Erkrankung war jetzt noch (mal) auszuschließen. Wie sich gezeigt hat, hatte Miezi ja wieder stärkeren FORL Befall. Das ist nun (erst mal) beseitigt. Das Muster ändert sich aber scheinbar wieder nicht, so wie nach der letzten Zahn-OP (vor 1,5 Jahren) auch nicht. Es kann sein, dass es jetzt noch etwas zu früh ist, aber normalerweise tritt eine Verbesserung sehr schnell (wenige Tage) nach der Zahn-OP ein, wenn FORL das eigentlich Grundproblem der Diabetes oder Schwankungen war. So habe ich es zumindest gelesen.
Es könnte natürlich noch eine BSD-Entzündung vorliegen. Aber Miezi hat keine Symptome (was aber auch nicht immer der Fall sein muss) und die Tests (Lipase und fPLI) waren so weit immer ok (einmal im Graubereich, aber da war Miezi auch nicht nüchtern). Ultraschall der BSD könnte man noch machen lassen, ist aber wohl auch nicht wirklich sehr zielführend (was ich so gelesen habe). Biopsie wäre das einzige, was Gewissheit bringen würde, was ja aber hoffentlich sehr lange noch nicht möglich sein wird.
Wenn alle Grunderkrankungen ausgeschlossen werden können, die zur Diabetes führen könnten, dann sind wir bei der „Brittle Diabetes“. Im allgemeinen (Quelle oben) sind das „Diabetes Typ 1“ Fälle. Und genau das war ja schon länger meine Vermutung bei Miezi. Typ1 macht bei Katzen nur schätzungsweise 10-20% der gesamten Diabetes Fälle aus. Die meisten Fälle sind Typ 2 und/oder halt andere Grunderkrankungen inkl. Kortison. Typ 1 ist dadurch charakterisiert, dass die BSD absolut kein Insulin mehr produziert und relativ früh auftreten kann (Miezi war 7, also keine „Alters-Diabetes“). Dadurch (Folge) sind die BZ-Werte extrem hoch (ohne Fremd-Insulin). Ausserdem liegt bei Typ 1 keine Insulin-Resistenz vor. Das ist bei Miezi auf jeden Fall auch so, denn er reagiert auf kleine Mengen (von 0,2IE bis 1IE, im Durchschnitt reichen zur Zeit 0,6IE) sehr gut auf das Insulin. Die meisten Katzen (auch im Forum) bekommen ja deutlich höhere Dosen und das lässt oft auf Typ 2 dann bereits schliessen. Zu schlechter Letzt gehen Fälle von Typ 1 (wohl in der Regel) nicht in Remission. Das erklärt auch, warum Miezi nicht in Remission gegangen ist, obwohl damals mit Lantus begonnen, wenn auch verspätet (mein TA war da einfach viel zu langsam, aber das ist noch eine andere Geschichte).
Die Empfehlung des Autors (Quelle oben) ist bei „Brittle Diabetes“ einen (anderen) mehr „empirischen Ansatz“ zu verfolgen. Anhand des Home-Testings soll die Dosis und der Zeitpunkt dann individuell laufend festgelegt und justiert werden. Diesen Ansatz habe ich ab 09.04.2023 APRE bis 16.04.2023 ausprobiert (eigentlich wollte ich das ursprünglich erst nach der Zahn-OP machen, aber die Tage davor waren die Werte wieder so frustrierend). Mein (Zwischen-)Ergebnis war, dass das deutlich besser funktioniert. Unterschiedliche Dosen (zumindest zwischen 0,3IE und 0,8IE) und zu unterschiedlichen Zeiten („Dosis-Hopping“) lassen den BZ nicht entgleiten. Diese Erkenntnis hatte ich bei Miezi auch schon früher mal gewonnen. [Bei Diabetes Typ 2 ist das sicher anders, da hier die BSD ja im allgemeinen noch ein wenig Insulin produziert und eine gewisse Insulin-Resistenz vorliegt. Die Fälle lassen sich also gar nicht vergleichen.]
Jetzt ist aber das eigentliche Problem (meine Erkenntnis mittlerweile), dass das Insulin bei Miezi gerade nicht im allgemeinen 12 Stunden wirkt, sondern im Durchschnitt nur ca. 9 Stunden. Das mag darauf zurückzuführen sein, dass Miezi ja gerade Typ 1 ist: Das Insulin wird komplett und schnell verbraucht, da keine Insulin-Resistenz vorliegt und eigenes Insulin wird gar keins produziert (was die „Gräben“ schliessen könnte). Das führt dann zu diesen extremen PREs (U-Form-Verlauf). Dazu kommt, dass die BZ Werte beim Ansteigen (wenn das Insulin also aufgebraucht ist) sehr schnell und sehr steil steigen (innerhalb von 1 bis 2 Stunden oder noch schneller). Dagegen braucht der BZ relativ lange zum sinken nach Gabe der Dosis (ca. 2-4 Stunden). Das beides führt natürlich dazu, dass die Einstellung sehr sehr schwierig ist. Man muss also nach ca. 9 Stunden (wenn der BZ anfängt signifikant zu steigen und den Zeitpunkt muss man auch messtechnisch treffen) sofort eine neue Dosis spritzen. Der Übergang ist zeitlich fast nicht möglich, aber ich habe es ansatzweise geschafft.Überlappungen wie in den allgemeinen Einstellungsfällen (Typ 2) gibt es quasi so gut wie nicht.
Ein Nebenproblem ist bei Miezi, dass die Einspritzstelle eine wichtige Rolle spielt. Das ist teilweise wohl auch auf Typ 1 zurückzuführen (nehme ich an) und auch von Katze zu Katze unterschiedlich. Normalerweise wird empfohlen die Einspritzstelle zu wechseln, um keine Verhärtungen zu bekommen. Aber jede Einspritzstelle ist halt anders durchblutet und übergibt das Insulin auch mehr oder weniger gut an die Zellen. Aus diesem Grund hatte ich wohl auch eine TA-Meinung gelesen, dass man gerade immer die gleiche Einspritzstelle bzw. Region nehmen soll. Das macht dann wirklich sogar Sinn. Solange es keine Verhärtungen gibt, mache ich das jetzt auch immer bei Miezi so und es ist deutlich kalkulierbarer von der Insulin-Wirkung her. Der Unterschied kann bis zu 100% sein. D.h. z.B. an einer Stelle reichen 0,6IE und an einer anderen Stelle braucht man für die gleiche Wirkung 1,2IE. Alles schon beobachtet bei Miezi.
Zur Zeit habe ich eine gute Einspritzstelle bei Miezi, wo er im Durchschnitt nur ca. 0,6IE braucht, aber ich müsste dieses im Durchschnitt alle 9 Stunden spritzen (dann, wenn die Messung mir sagt, der BZ fängt jetzt signifikant an zu steigen, kann +8, +9, +10 sein). Das ist natürlich in der Tat noch mal deutlich aufwendiger als die Aufteilung in 12 Stunden und ohne so viel Messungen. Die 0,6IE würden insofern reichen, da ich Miezi (jetzt angenommen er ist tatsächlich Typ 1!) auch nicht mehr so tief (Nadir) einstellen will. Er geht dann eh nicht mehr in Remission (sowohl wegen Typ 1 also auch da jetzt fast 2 Jahre Diabetes) und Nadire von 80-100 reichen dann vollkommen. Wenn ich mehr spritze dann geht er auch wieder <40 und das ist auf Dauer dann auch nicht gut.
Dass der MPRE heute (wieder mal) entglitten ist (BZ 416) hatte ich erwartet, denn ich hätte bei APRE+9 eigentlich noch mal messen müssen und auch spritzen müssen (0,6IE). Der APRE+6,25 war noch perfekt bei BZ 89 (bei +6 bis +7 liegt auch der Nadir bei Miezi in der Regel). Problem ist, dass ich beim entgleiten dann eigentlich mehr spritzen müsste (ca. 0,8IE) um das wieder schnell einzufangen, quasi nachzuholen. Ich hatte heute zum MPRE dann aber testweise nur die 0,6IE gespritzt. Das wird aber nicht so gut klappen voraussichtlich. Ich versuche aber mit dem „neuen Ansatz“ die Tage weiterzumachen und wir werden sehen. Schwer ist natürlich, dass der Zeitpunkt der Dosis sich durch die 9 Stunden immer wieder verschiebt und auch nachts dann mal gespritzt werden muss. Und ich bin ca. 4 mal die Woche für mindestens 4 Stunden ausser Haus, das ist für diesen „flexiblen Plan“ auch schlecht. Das schlaucht schon alles.
Das ganze war jetzt etwas länger, aber ich wollte meine Erkenntnisse und teilweise Thesen hier gerne teilen. Und um noch weiter zu „verwirren“, die „perfekte“ Phase vom 03.09.2022 bis 16.09.2022 lässt sich mit meiner These (bisher) wohl nicht erklären. Das war aber auch eine Ausnahmephase innerhalb der letzten fast 2 Jahre, die sowieso schon immer schleierhaft war, da alles wie immer war zu der Zeit.